Was ist eine psychotherapeutische Sprechstunde?In der psychotherapeutischen Sprechstunde wird festgestellt, ob eine seelische Erkrankung vorliegt und weitere fachliche Hilfen notwendig sind. Eine Beratung, Information, Klärung des individuellen Behandlungsbedarfs sowie eine (vorläufige) Diagnosestellung erfolgen und falls erforderlich wird eine Behandlungsempfehlung ausgesprochen werden. Für Patienten und Psychotherapeuten:
Inhaltsverzeichnis:
Zugänge und Vermittlung zeitnaher Behandlungstermine
Änderung der Psychotherapie-Richtlinie betrifft alle gesetzlich versicherten Patienten
Hintergrund Informationen zu der Einführung Vergütung für Psychotherapeuten nach Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)Psychotherapeutische Sprechstunde
Ziele der SprechstundeWie läuft nun ein Erstgespräch in der Praxis ab?Nun findet erste Gespräch mit dem Psychotherapeuten in der psychotherapeutischen Sprechstunde statt. Es dient immer noch dem gegenseitigen Kennenlernen und dauert in der Regel 50 Minuten. Das Erstgespräch ist und bleibt unverbindlich und bringt keine Verpflichtungen für einen Folgetermin oder eine Psychotherapie mit sich. Es können auch mehrere Psychotherapeuten aufgesucht werden, bevor man sich entscheidet.
Was geschieht in der psychotherapeutischen Sprechstunde?In der Sprechstunde besteht die Möglichkeit Anliegen, Sorgen, Beschwerden, Ängste und Erwartungen zu schildern. Der Psychotherapeut kann darauf eine (vorläufige) Diagnose stellen und zum weiteren Vorgehen beraten. Empfohlen werden können beispielsweise eine tiefenpsychologisch fundierte oder analytische Psychotherapie, eine Verhaltenstherapie oder ein alternatives Verfahren. Genauso kann besprochen werden ob eine Einzeltherapie oder ein Gruppensetting erfolgversprechender ist. Darüber hinaus besteht hier Gelegenheit, alle wichtigen Fragen zu klären, sei es Therapiebedarf, Therapieablauf und -umfang oder die Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Am Ende der Sprechstunde muss der Patienten zwei Informationsblätter bzw. Formulare zur Psychotherapievereinbarung (PTV) erhalten:
Ablauf der SprechstundeVoraussetzungen der gesetzlichen KrankenkassenFür gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten gilt, dass sie in der Regel eine psychotherapeutische Sprechstunde aufsuchen müssen, bevor eine ambulante psychotherapeutische Behandlung begonnen werden kann. Die Behandlung kann auch bei einem anderen Psychotherapeuten in Anspruch genommen werden. Privat Versicherte bleiben von dieser Regelung ausgenommen, sie können direkt mit den probatorischen Sitzungen beginnen.
Dauer und Umfang der psychotherapeutischen SprechstundeWie oft muss Sprechstunde besucht werden? - Bei Erwachsenen können sechs Sitzungen von mindestens 25 Minuten durchgeführt werden. Das entspricht insgesamt bis zu 150 Minuten oder 3 Sitzungen zu 50 Minuten. Bei Kindern, Jugendlichen und deren Eltern und Bezugspersonen stehen zehn Sitzungen von mindestens 25 Minuten zu Verfügung. Das entspricht insgesamt bis zu 250 Minuten oder 5 Sitzungen zu 50 Minuten. Die möglichen Sitzungen der Sprechstunde bei einem Psychotherapeuten müssen nicht aufgebraucht werden.
Nach der psychotherapeutischen SprechstundeDirekt nach der Sprechstunde kann bei Bedarf eine Akutbehandlung bei dem Psychotherapeuten begonnen werden. Eine Akutbehandlung umfasst bis zu 24 Einzelsitzungen in Einheiten von 25 Minuten. Die psychotherapeutische Akutbehandlung ist dabei lediglich auf eine kurzfristige Verbesserung der Symptomatik und Entlastung ausgerichtet. Ebenfalls ist auch die Überleitung in die Probatorik und so die Vorbereitung einer Kurzzeit- oder Langzeittherapie möglich. Wenn eine Psychotherapie in der eigenen Praxis nicht möglich ist, werden ggf. Hinweise zur Suche nach einem passenden Behandler und freien Therapieplatz vermittelt.
Zugänge und Vermittlung zeitnaher Behandlungstermine
Zugang zur psychotherapeutischen SprechstundeUm ein Termin zu vereinbaren kann man sich direkt an die niedergelassenen Psychotherapeuten wenden. Die Erreichbarkeit von niedergelassenen Psychotherapeuten sind bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung des jeweiligen Bundeslandes zu erfahren.
Terminvereinbarung durch Terminservicestellen der KVenEs besteht auch die Möglichkeit über die Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. die Terminservicestellenfreie Termine vermittelt zu bekommen. Darüber hinaus sind Psychotherapeuten angehalten, freie Termine den Terminservicestellen mitzuteilen. Die Terminservicestellen sind seit dem 1. April 2018 verpflichtet, Termine für ein Erstgespräch in einer psychotherapeutischen Sprechstunde vermitteln. Das Gleiche trifft für sich daraus ergebene zeitnah erforderliche Behandlungstermine zu. Die Terminservicestellen müssen innerhalb von vier Wochen Termine für eine psychotherapeutische Sprechstunde vermitteln.
Keine Überweisung erforderlichFür die Vereinbarung der psychotherapeutischen Sprechstunde bei einem niedergelassenen und zugelassenen Psychotherapeuten ist keine Überweisung von einem Arzt erforderlich. Es wird lediglich eine gültige Krankenkassenkarte benötigt.
Angebote für PatientenTermine für Eltern und ElternberatungEltern haben die Möglichkeit sich in der psychotherapeutischen Sprechstunde beraten zu lassen. Hierzu ist es durchaus möglich und oft auch sinnvoll die ersten Termine mit dem Psychotherapeuten ohne das betroffene Kind stattfinden zu lassen. So besteht die Gelegenheit persönliche Hintergründe, Sorgen, Schwierigkeiten, Beobachtungen und Eindrücke der Eltern zu besprechen ohne auf das Kind Rücksicht nehmen zu müssen. Selbstverständlich sollten ggf. weitere Termine mit dem Kind folgen um eine vollständige Beratung und Empfehlung zu erhalten. Benötigt wird zu den Terminen die Krankenkassenkarte des Kindes.
Für gesetzlich versicherte Jugendliche ab 15 Jahre anonymGesetzlich versicherte Jugendlich haben mit 15 Jahren die Möglichkeit allein und anonym die psychotherapeutische Sprechstunde aufzusuchen sowie eine Psychotherapie zu beginnen. Aufgrund der Schweigepflicht erfahren die Eltern nichts von der Kontaktaufnahme zum Psychotherapeuten.
Änderung der Psychotherapie-Richtlinie betrifft alle gesetzlich versicherten PatientenÄnderung der Psychotherapie-Richtlinie: Sprechstunde ist jetzt PflichtAm 24. November wurde endgültig vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) über eine Änderung der Psychotherapie-Richtlinie entschieden. Das oberste Gremium der Selbstverwaltung setzte damit eine Auflage des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) um. Das BMG hatte argumentiert, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen ihrem Sicherstellungsauftrag nur dann nachkommen könnten, wenn jeder Psychotherapeut eine Sprechstunde anbietet. Somit sind nun alle ärztlichen und Psychologischen Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in der Pflicht: Psychotherapeuten mit einer vollen Zulassung müssen mindestens 100 Minuten pro Woche Sprechstundenzeit anbieten; bei hälftiger Zulassung sind es 50 Minuten pro Woche. Ob eine offene Sprechstunde eingerichtet wird oder mit Terminvergaben gearbeitet wird bleibt den Psychotherapeuten selbst überlassen.
Neue Psychotherapie-Richtlinie: Telefonische ErreichbarkeitDie neue Psychotherapie-Richtlinie besagt auch, dass Psychotherapeuten oder deren Praxispersonal nun 200 Minuten pro Woche bzw. 100 Minuten bei einer halber Zulassung telefonisch erreichbar sein müssen. Diese Zeiten müssen der jeweilig zuständigen KV gemeldet werden, die sie dann den Patienten zugänglich machen.
Hintergrund Informationen zu der EinführungVergütung für Psychotherapeuten nach Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)Der Bewertungsausschuss bestehend aus Kassenärztlicher Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat am 21. Juni 2017 beschlossen, die psychotherapeutische Sprechstunde so zu vergüten, wie die Gebührenordnungspositionen der Richtlinien-Psychotherapie. Demnach erhalten Psychotherapeuten für diese Leistung bei einer Dauer von mindestens 25 Minuten 44,33 Euro und bei 50 Minuten 88,66 Euro. Zur Deckung von Personalausgaben wird zusätzlich ein Strukturzuschlag von 7,58 Euro ab einer bestimmten Leistungsumfang gewährt. Zugrunde gelegt werden der Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) für Psychotherapeuten und die Abrechnungsziffer 35151 Psychotherapeutische Sprechstunde, diese entspricht 421 Punkte. Die psychotherapeutischen Sprechstunden werden mitgezählt bei der Berechnung der Mindestpunktzahl von 162.734 Punkten, ab der der Strukturzuschlag gezahlt wird.
Einschätzung des neuen LeistungsangebotesDass es zu wenigen Psychotherapeuten und Psychotherapieplätze gibt, ist ein offenes Geheimnis und wird seit Langem von Fach- und Berufsverbänden angemahnt. Ob sich die psychotherapeutische Versorgung durch die im 1. April 2018 eingeführte psychotherapeutische Sprechstunde verbessert, wird sich zeigen. Es ist klar, dass dadurch nicht mehr Therapieplätze entstehen, sondern eher das Gegenteil. Denn die Behandler sind nun mit einem schlecht vergüteten Mehraufwand belegt worden, der Zeit und somit Therapieplätze kosten wird. Im besten Fall wird ein Zugang ermöglicht um schneller abzuklären, ob der Betroffene wirklich eine Psychotherapie benötigt oder doch besser in einer Beratungsstelle aufgehoben wäre.
Quellen und hilfreiche LinksTerminservicestelle der KV Hessen in Frankfurt - Tel 069 400 5000-0 Psychotherapierichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) „Psychotherapeutische Sprechstunde: Ein neues Leistungsangebot“ Ärzteblatt: PP 16, Ausgabe Januar 2017, Seite 1 von Bühring, Petra |
Vielen Dank für die Bewertung dieses Beitrags.