Was ist ein Kinderpsychologe?Die Bezeichnung Kinderpsychologe bzw. Jugendpsychologe wird leider häufig falsch und irreführend für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut gebraucht. Dabei ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung, die laut Psychotherapeutengesetz sogar eine staatliche Zulassung zur Ausübung der Heilkunde (Approbation) erfordert. Problematisch ist. nicht nur deshalb die falsche Verwendung und die Verwechslung mit dem Begriff „Kinderpsychologe“. In diesem Artikel finden Sie auch alle wichtigen Infos zum Thema:
Inhaltsverzeichnis:
Kinderpsychologe versus Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
Psychologe für Kinder und Jugendliche
Kinderpsychologie: Studium, Wissenschaft und Themen
Suche Kinderpsychologe
„Kennt jemand einen guten Kinderpsychologen?“ Dies ist eine häufig gestellte Frage. Doch den Beruf Kinderpsychologen gibt es eigentlich nur in der Alltagssprache. Auch den Psychologen für Kinder und Jugendliche gibt es streng genommen nicht. Viele Eltern suchen zwar nach einem Kinderpsychologen, wenn es ihren Kindern nicht gut geht. Vielleicht leidet an seelischen Problemen wie Ängsten und Kummer oder Schwierigkeiten in der Schule. Eigentlich meinen die Eltern, Lehrer, Schulpsychologen und Mitarbeiter von sozialen Einrichtungen aber einen Psychotherapeuten für Kinder- und Jugendliche. Selbst Fachleuten wie Hausärzten, Kinderärzten und Sozialpädagogen fällt die Unterscheidung nicht selten schwer. „Kein Problem. – Wir wissen doch alle was gemeint ist!“ – „Leider doch!“
Kinderpsychologe ist keine geschützte BerufsbezeichnungDie größte Gefahr liegt wohl darin, dass der Begriff „Kinderpsychologe“ psychologische bzw. (psycho-) therapeutische Kenntnisse und Qualifikationen suggeriert, die nicht vorhanden sind. Dies geschieht in einem der schwierigsten und sensibelsten psychotherapeutischen Arbeitsfelder, nämlich der Kinder- und Jugendpsychotherapie! Hier können sich hinter der dem Begriff, z.B. Heilpraktiker für Psychotherapie verstecken und geschickt vorgeben ähnlich oder annähernd so gut ausgebildet zu sein wie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Dabei ist die Verwendung Begriffes ist nicht verboten. Jede und jeder kann sich Kinderpsychologe nennen und so bezeichnen, sich als solcher ausgeben und dies zu Werbezwecken (aus)nutzen.
Kinderpsychologe ist ein irreführender SuchbegriffInsbesondere im Internet nutzen verschiede „Informationsplattformen“ den Begriff „Kinderpsychologe“ um zu Werbezwecken Nutzer auf ihre Homepages zu locken. Leider werden dort beinah ausnahmslos den Ratsuchenden, falsche und fehlerhafte Informationen vermittelt. Damit wird den Ratsuchenden u.U. erheblich geschattet. Ihnen wird ein falsches Bild vermittelt. Zudem verlieren sie u.U. viel Zeit, da sie der „falsche Suchbegriff“ in die Irre führt und dass in einer dringenden psychosozialen Notlage von Kindern oder in familiären Kriese. Alternativ sollte besser nach dem Begriff „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut“ gesucht werden um entsprechende seriöse Hilfen und psychotherapeutische Behandlungsangebote zu finden.
Kinderpsychologe versus Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutKinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
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LZT | AP | TP | VT |
Kinder EZ GT |
70/ 60 |
70/ 60 |
60/ 60 |
Jugendliche EZ GT |
90/ 60 |
90/ 60 |
60/ 60 |
Verlängerung | |||
Kinder EZ GT |
150/ 90 |
150/ 90 |
80/ 80 |
Jugendliche EZ GT |
180/ 90 |
180/ 90 |
80/ 80 |
Psychologe für Kinder und Jugendliche
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind auf Kinder und Jugendliche und deren Eltern spezialisierte Psychotherapeuten. Man kann sich leicht vorstellen, dass Erwachsene in der Regel ganz andere Wünsche, Vorstellungen, Fragen und Schwierigkeiten haben. Auch familienbezogene Themen stellen sich anders da als in der Einzeltherapie mit Erwachsenen.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass die meisten spezialisierten Kinderpsychologen bzw. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eine breite Grundausbildung haben, die das Feld der Pädagogik, Soziologie, Systemtheorie und Entwicklungspsychologie umfasst, genauso wie die klinische Psychologie und die klassische Sozialpädagogik.
Damit lässt sich vielleicht auch besser nachvollziehen, warum an den Praxisschildern der meisten Kindertherapeuten häufig nicht ein „Dipl. Psychologe“ steht, sondern z.B. Pädagoge (Dipl. Päd), Sozialpädagoge (Dipl. Sozpäd.) oder Sonderpädagoge. Es macht eben einen entscheidenden Unterschied, womit sich ein Kinderpsychologe in seiner praktischen und theoretischen Lehrzeit beschäftigt hat.
Was macht ein „Kinderpsychologe“?
Ein Kinderpsychologe, also eigentlich ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, diagnostiziert und behandelt Kinder, Jugendliche und Heranwachsende bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. Die Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten, seelischer Krankheiten oder seelisch bedingter körperlicher Erkrankungen erfolgt durch Psychotherapie sowie der begleitenden Arbeit mit den Bezugspersonen.
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können aber auch bei familiären Konflikten, bei Sorgerechts- und Umgangsregelungen, bei Fremdunterbringung und bei gerichtlichen Fragestellungen hinzugezogen werden.
Was passiert in einer psychotherapeutischen Behandlung?
Zunächst geht jeder Behandlung eine Anamnese und eine Diagnostik voraus, diese finden in der psychotherapeutischen Sprechstunde bzw. in der Probatorik statt. Neben den Symptomen und Vergabe einer Diagnose nach ICD-10 werden auch viele weitere Faktoren erhoben um den Patienten und sein Umfeld (die Familie) kennen zu lernen.
Die Psychotherapie wird immer dem Entwicklungsstand des Kindes bzw. Jugendlichen und den jeweiligen Lebensumständen angepasst. Es werden Fähigkeiten und Ressourcen von Kindern, Jugendlichen und Eltern genutzt.
Für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen gibt es ein breites Spektrum unterschiedlicher Konzepte, welche für die vielfältigen psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter angewandt werden können.
Unabhängig von dem angewandten Verfahren, analytische, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder Verhaltenstherapie, werden neben der Sprache auch andere Ausdrucksmöglichkeiten des Kindes berücksichtigt. Bei jüngeren Kindern wird insbesondere die Fähigkeit zum Spielen untersucht und genutzt. Es finden hier beispielsweise kreative Methoden wie Malen oder Rollenspiele Anwendung. Sei es zum Beziehungsaufbau, zur Verhaltensbeobachtung oder Darstellung unbewusster Themen.
Bei Jugendlichen steht dagegen eher Gespräche im Vordergrund wie man sie aus der Erwachsenentherapie kennt. Besprochen werden äußere Umstände, Verhaltensweisen, Gefühle oder innere Konflikte, die zur Entwicklung der Störung beigetragen haben, und werden miteinbezogen, um nach Lösungen zu suchen.
Bei Kindern werden in der Regel die Eltern, manchmal auch Ärzte, Erzieher, Lehrer oder Familienhelfer in sogenannten Bezugspersonensitzungen einbezogen. Statt einer Einzeltherapie, oder als Ergänzung zu einer Einzeltherapie, kann auch eine Gruppentherapie durchgeführt werden.
Methoden und Verfahren der Psychotherapie
Die Vielfalt der psychotherapeutischen Methoden und Ansätze der Psychotherapie ist inzwischen unüberschaubar. Sie reichen von Gesprächstherapie, Kunsttherapie, Körperpsychotherapie, Systemische Therapie bis hin zur klassischen Psychoanalyse. Für Hilfesuchende und Patienten ist es kaum einschätzbar was sinnvoll und richtig für sie oder ihre Kinder ist.
Feststeht jedoch, dass aktuell nur drei sogenannte Richtlinien-Verfahren von der Krankenkasse bezahlt werden. Diese sind die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie sowie die Verhaltenstherapie.
Die Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich ihres Menschenbildes und folglich auch in ihren Auffassungen darüber wie Erkrankungen entstehen. Hier bei beziehen sich die Analytische Psychotherapie und die Tiefenpsychologie auf unbewusste seelische Prozesse und Konflikte, die sich hinter den Krankheitssymptomen verbergen. Die Verhaltenstherapie setzt auf die unmittelbare Behandlung der psychischen Beschwerden und orientiert sich eher an Lerntheorien und Verhaltensänderungen.
Psychotherapie kann sowohl in Form einer Einzeltherapie wie auch als Gruppentherapie durchgeführt werden.
Qualitätsstandards der KJP: Studium plus Ausbildung
Ärzte, Psychologen und Pädagogen können nach ihrer Grundausbildung (Studium und Beruf) eine Weiterbildung zum Psychotherapeuten machen. Diese Weiterbildung ist vergleichbar mit einer Facharztausbildung und entspricht einem zweiten Studium.
Absolviert werden kann die Weiterbildung an staatlich anerkannten Ausbildungsinstituten und Universitäten. Grundsätzlich gibt es zwei Spezialisierungen: Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie oder Psychotherapie für Erwachsene. Dabei ist die Ausbildung zu Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten umfangreicher und dauert deshalb im Schnitt etwa 1,5 bis 2,5 Jahre länger.
Psychotherapeuten für Erwachsene können im Anschluss eine erweiterte Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten absolvieren. Dies ist jedoch umstritten und wird selbst von den Ausbildungsinstituten höchst kritisch bewertet. Denn auf diesem Ausbildungsweg entfallen die streng supervidierten Ausbildungsfälle an Kindern und Jugendlichen. Psychologische Psychotherapeuten mit Zusatzausbildung haben damit erhebliche Defizite in der praktischen Ausbildung.
Suche Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
Wie finde ich einen Kinderpsychologen in der Nähe? - Hilfe beim Suchen und Finden
Für eine erfolgreiche Suche ist es von bedeutendem Vorteil die Psychotherapeutensuche der Kassenärztlichen Vereinigung zu nutzen. Für das Bundesland Hessen ist beispielsweise die KV-Hessen in Frankfurt zuständig. Jedes Bundesland hat seine eigene Kassenärztlichen Vereinigung. Dort sind alle Kinderpsychologen gelistet allerdings unter der richtigen Bezeichnung (Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut) und anhand von unterschiedlichen Suchkriterien sortierbar: Stadtteil, Geschlecht, Verfahren, …
Nach dem man seine Auswahl getroffen hat, empfiehlt es sich, während der angegebenen telefonischen Sprechzeiten anzurufen, um einen Termin für ein Erstgespräch zu vereinbaren. Ebenso ist es oft möglich eine Rückrufbitte auf dem Anrufbeantworter des Psychotherapeuten zu hinterlassen.
Gegebenenfalls sollte man sich in die Wartelisten eintragen lassen und nach einer verabredeten Zeit erneut anfragen.
Flexibilität der Eltern und Kinder bei der Terminfindung erleichtert die Suche nach einem Therapieplatzes. Bei Dringlichkeit und nach Absprache mit der Schule sind auch Unterrichtsfreistellungen möglich.
Wie wähle ich einen Kinderpsychologen aus?
Bei der Auswahl eines Psychotherapeuten ist das wichtigste die sogenannte Passung zwischen dem Kind oder dem Jugendlichen und dem Psychotherapeuten. Gemeint ist damit ob die „Chemie“ zwischen den beiden stimmt oder nicht. Dabei ist eine ausreichend gute Beziehung eine gute Basis für eine Zusammenarbeit. Übersteigerte Erwartungen und als ausgezeichnet empfundene Passung werden oft enttäuscht.
Neben dem persönlichen Eindruck empfiehlt es sich, den fachlichen Hintergrund des Kinder- und Jugendlichentherapeuten genauer zu betrachten. Hierbei ist besonders die Vorerfahrung in sozialen, pädagogischen, psychiatrischen sowie kinder-und jugendtherapeutischen Arbeitsfeldern ausschlaggebend. Eine möglichst breit angelegte Grundausbildung und andere berufliche Erfahrungen sind ebenfalls von Vorteil.
Kinderpsychologie: Studium, Wissenschaft und Themen
Die Kinderpsychologie ist ein Teilbereich der Entwicklungspsychologie und gehört damit zum Fach Psychologie. Ihr Gegenstand ist die Erforschung von altersbezogenen Veränderungen im menschlichen Erleben und Verhalten – also dem Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Dabei beginnt sie bereits im Mutterleib (Pränatale Entwicklung) und geht über die frühe, mittlere und späte Kindheit bis hin zur Pubertät bzw. der Adoleszenz.
Kinderpsychologie studieren?

Wer Kinderpsychologie studieren will und sich wissenschaftlich mit Kindern und deren Entwicklung auseinandersetzen möchte muss das Fach Psychologie an einer Universität oder Hochschule studieren. Mit einer entsprechenden Fächerauswahl und Schwerpunktsetzung im Studium ist dies durchaus möglich. Hier gilt es jedoch vorab sich vorab über die Ausrichtung der jeweiligen Universität oder Hochschule zu informieren. Das Curriculum und die Forschungsschwerpunkte der Lehrbeauftragten unterscheiden sich zwischen den Hochschulen. Bei Interesse an dem Fachgebiet sollte in Vorfeld eine informierte Entscheidung für einen geeigneten Studienort und eine entsprechende Hochschule gewählt werden.
Kein Abschluss zum Fachpsychologe für Kinder, Kindesentwicklung o.ä. in Deutschland
In Deutschland gibt es keinen akademischen Abschluss zum Kinderpsychologen oder Fachpsychologen für Kinder, der Kindesentwicklung und dergleichen. Auch hier sollte man sich nicht täuschen lassen auch wenn Werbeangebote einiger Fernuniversitäten oder TUs im Internet kursieren! Das Master Studium der Kinderpsychologie gibt es leider nicht. Man beachte hier unbedingt das Kleingedruckte und die strengen Kriterien des Psychotherapeutengesetzes zum Zugang.
Fachpsychologe für Kinder- und Jugendpsychologie in der Schweiz
Die Begriffe und Systeme aus Schweiz sind mit dem Ausbildungs- und Gesundheitssystem in Deutschland nur schwer vergleichbar. Dennoch soll hier der Vollständigkeit halber darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Schweizerische Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychologie (SKJP) [4] eine Weiterbildung zur Erlangung des Fachtitels „Fachpsychologe für Kinder- und Jugendpsychologie (FSP) anbietet.
Ähnlich wie in Deutschland ist eine Voraussetzung für die Weiterbildung ist ein abgeschlossenes Studium in Psychologie (Lizentiat, Master) sowie eine praktische Tätigkeit in der Kinder- und Jugendpsychologie. Die Weiterbildung umfasst mindestens 700 Stunden und dauert mindestens drei bis vier Jahre und kommt damit bei weitem nicht an die Standards der deutschen Psychotherapeuten heran. Zudem werden absolvierte Lehrgänge der Universitäten Basel und Zürich werden ebenfalls anerkannt und können angerechnet werden.
Kinderpsychologie als Beitrag zur Psychotherapie
Seit langem orientieren sich Psychotherapeuten, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, nicht mehr an ihren Behandlungsverfahren allein. Längs liegt eine Unzahl an Studien und Befunden zu wesentlichen Entwicklungsbereichen von Kindern und Jugendlichen vor. Folgende Bereiche können unterschieden werden, um einen systematischen Überblick zu erhalten:
- Körperliche Entwicklung
- Entwicklung von Sensorik (Wahrnehmung) und Motorik
- Kognitive Entwicklung
- Emotionale Entwicklung
- Sprachentwicklung
- Selbstkonzept
- Geschlechterrolle
- Moralische Entwicklung
- Soziale Entwicklung
Es gibt viele theoretische Perspektiven und wissenschaftliche Ansätze, welche versuchen menschliche Entwicklung zu erklären und verstehbar zu machen. Wie unterschiedlich diese sein können zeigt die folgende Liste, um nur einige wichtige zu nennen:
- Albert Bandura: Theorie des Sozialen Lernens
- Sigmund Freud: Phasen der psychosexuellen Entwicklung und das Instanzenmodell
- Kurt Lewin: Theorie von der Differenzierung und Integration des individuellen Lebensraums
- Jane Loevinger: Stufenmodell der Ich-Entwicklung zur Bedeutungskonstruktion.
- Jean Piaget: Stufenmodell
- Lew Wygotski: Sozialer Kontextualismus (und die Kulturelle Entwicklungstheorie von Michael Cole)
- Urie Bronfenbrenner: Ökosystemische Ansatz
Obwohl diese Theorien und Ansätze durchaus ernst zu nehmend sind und theoretisch wie praktisch ihre Anwendung finden, gibt es bislang kein eigenständiges universitäres Studium zum Kinderpsychologen. Wie schon erwähnt, gibt es ebenso wenig einen akademischen Abschluss in Kinderpsychologie. Aber Psychologen können sich in der Forschung speziell mit Kindern und deren Entwicklung beschäftigen oder in verschiedenen Anwendungskontexten schwerpunktmäßig mit Kindern arbeiten.
Letzteres ist als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut möglich, indem psychisch oder psychosomatisch erkrankte Kinder behandelt werden. Doch dann sind dies psychotherapeutisch tätige Psychologen, die wie auch Pädagogen und Ärzte, die über auf dem Studium aufbauende fachkundliche psychotherapeutische Weiterbildungen verfügen.
Psychologische Pionierarbeit der Psychoanalyse
So umstritten heute Siegmund Freud auch sein mag und so überholt einige seiner damaligen Erkenntnisse aus heutiger Sicht sein mögen, er war der wichtigsten Wegbereiter der Psychotherapie. Freund setzte damals, wie auch heut die Tiefenpsychologie und Psychoanalyse, auf entwicklungspsychologische Aspekte und mögliche Fehlentwicklungen als Ursache von Erkrankungen.
In den Fokus setzte er die Sexualentwicklung und verwies auf den Ödipuskomplex, den Elektrakomplex und ein umfangreiches Strukturmodell der Psyche, welches bis heute Gültigkeit besitzt. Freud machte die Existenz des Unbewussten und die Abhängigkeit von elterlichen Einflüssen populär.
Seine Tochter Anna Freud leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der psychoanalytischen Behandlung von Kindern. Eine psychotherapeutische Behandlung von Kindern hatte es bis dahin nicht gegeben. Anna Freud legte damit den entscheidenden Grundstein für die heutige Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.
In den 1930er und 1940er Jahren wurde von Psychoanalytikern die Objektbeziehungstheorie entwickelt. Sie untersucht die Interaktionen des Individuums mit realen und imaginären Personen und die Beziehungen, die Menschen zwischen ihren äußeren und inneren Objekten erleben. Die Bedeutung einer verlässlichen sozialen Beziehung zu einer Bezugsperson war wurde damit Gegenstand vieler Forschungsarbeiten.
In Untersuchungen wurde bereits 1935 von René Spitz Zusammenhänge zwischen Störungen in der frühen Mutter-Kind-Beziehung und schweren Erkrankungen des Säuglings aufgedeckt.
Eine andere tiefenpsychologische Richtung befasste sich mit sozialen Einflüssen auf das Verhalten und die Bedeutung der zwischenmenschlichen Beziehungen. Dies begann mit der Individualpsychologie von Alfred Adler und setzte sich später in der Neopsychoanalyse fort. Es wurden soziale und kulturelle Einflüsse als bedeutend für das Verhaltens und die kindliche Entwicklung betrachtet.
Und auch heute reißt die lange Tradition der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse nicht ab. Aktuell sind heute die Bindungstheorie der Bindungstypen nach Bowlby oder Mentalisierungskonzepte nach Fonagy. Sie bilden wichtige Beiträge, denen sich selbst Verhaltenstherapeuten nicht mehr verschließen können.
Anwendung kinderpsychologischer Erkenntnisse und Themen
Die Ergebnisse der Kinderpsychologie finden nicht nur den Eingang in die Psychotherapie. Längst sind sie Bestandteil von Elterninformation und Beratung von Eltern. Genauso haben sie in der Ausbildung von Erziehern und Lehrkräften ihren festen Platz. Kinderpsychologische Erkenntnisse werden auch zur optimalen Gestaltung einer förderlichen und anregungsreichen Umgebung im Alltag, im klinischen Bereich, in der Heimerziehung oder im Schulbereich genutzt. Ebenso kann aufgrund kinderpsychologischer Erkenntnisse zu wichtigen Themen Bezug genommen werden: Sprachenwicklung, kindliche Aggressionen, Geschlechterrollen und Geschlechtsidentität usw.. Dabei gibt es einen fließenden Übergang zur klinischen Kinderpsychologie und der Erforschung über die Entstehung psychischer Störungen im Kindesalter.
Verweise
Hilfreiche Links und wichtige Adressen für Eltern und Patienten
Quellen
- Landeskammer für Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten Hessen: „Information zum Patientenrechtegesetz“
- Landespsychotherapeutenkammer Baden – Württemberg: Wege zur Psychotherapie. Landespsychotherapeutenkammer Baden- Württemberg.
- Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Fegert, Eggers, ReschSpringer (2012)
- Warnke A., Lehmkuhl G. (2011). Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Deutschland. Die Versorgung von psychisch kranken Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Schattauer Verlag, Stuttgart
Wichtige Literatur zur Kinderpsychologie und Kindesentwicklung:
Erik H. Erikson
Jugend und Krise. Die Psychodynamik im sozialen Wandel. Klett. 1974
Der vollständige Lebenszyklus; Frankfurt a. M. 1988; 2. Aufl. 1992
Identität und Lebenszyklus. Drei Aufsätze; Frankfurt a. M. 1966; 2. Aufl. 1973
Kindheit und Gesellschaft; Zürich 1957
Anna Freud
Die Schriften der Anna Freud; Kriegskinder; Berichte aus den Kriegskinderheimen » Hampstead Nurseries « (1939-1945), FISCHER Taschenbuch ISBN: 978-3-596-26812-2
Die Schriften der Anna Freud; Indikationsstellung in der Kinderanalyse und andere Schriften (1945-1956), FISCHER Taschenbuch ISBN: 978-3-596-26814-6
Die Schriften der Anna Freud; Anwendung psychoanalytischen Wissens auf die Kindererziehung und andere Schriften (1956-1965), FISCHER Taschenbuch ISBN: 978-3-596-26817-7
Die Schriften der Anna Freud; Psychoanalytische Beiträge zur normalen Kinderentwicklung (1971-1980), FISCHER Taschenbuch ISBN: 978-3-596-26820-7
Die Schriften der Anna Freud; Anstaltskinder; Berichte aus den Kriegskinderheimen » Hampstead Nurseries « (1939-1945), FISCHER Taschenbuch ISBN: 978-3-596-26813-9
Die Schriften der Anna Freud; Psychoanalyse und Erziehung und andere Schriften (1945-1956), FISCHER Taschenbuch ISBN: 978-3-596-26815-3
Die Schriften der Anna Freud; Probleme der psychoanalytischen Ausbildung, der Diagnose und der therapeutischen Technik (1966-1970), FISCHER Taschenbuch; ISBN: 978-3-596-26819-1
Die Schriften der Anna Freud; Forschungsergebnisse aus der » Hampstead Child-Therapy Clinic « und andere Schriften (1956-1965); FISCHER Taschenbuch; ISBN: 978-3-596-26816-0
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Von der Familientherapie zur systemischen Perspektive. Springer Verlag, Heidelberg
Rotthaus, W. [Hrsg.]
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Petermann, F.
Grundbegriffe und Trends der Klinische Kinderpsychologie und Kinderpsychotherapie. In: Petermann F (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie und Psychotherapie. Hogrefe, Göttingen (2002)
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